Kann man mit Charterschiffen auch segeln?

Ich hab es wirklich getan – ich lasse meine BENTE für 2 Wochen allein und bin mal wieder mit einem Charterschiff unterwegs. Diesmal im Mittelmeer, von Split nach Dubrovnik. Doch hier begegnen mir wirklich seltsame Dinge.

Ein bis zwei Mal im Jahre leiste ich mir den Luxus und chartere eine etwas größere Yacht. Nachdem wir letztes Jahr die Karibik unsicher gemacht haben, zieht es uns dieses Jahr wieder ans Mittelmeer, nach Kroatien. Wir sind mit einer Sun Odyssey 469 unterwegs und wollen von Split nach Dubrovnik. Drei Tage sind wir jetzt schon auf dem Schiff und seit drei Tagen mache ich eine eigenartige Beobachtung. Die meisten Schiffe, die wir treffen, sind Charteryachten – aber scheinbar sind alle ohne Segel ausgerüstet. Denn das ganze Mittelmeer ist bevölkert mit Segelschiffen, die unter Motor von einem Hafen zum anderen hetzen.

Zugegeben, Charterschiffe haben nicht immer die beste Besegelung – auch unsere Sun könnte etwas mehr Segel vertragen. Das Groß ist kaum größer als bei meiner BENTE (das Schiff aber doppelt so groß) und auch die Genua würde ich eher als Fock bezeichnen. Dennoch ist das Schiff in den letzten beiden Tagen mit 5-7 Knoten bei 7-11 Knoten Wind gesegelt – ohne Motor. Und trotzdem sieht man bei diesen eigentlich traumhaften Bedingungen kaum ein anderes Schiff unter Segel. Ich empfinde zumindest 7-11 Knoten Wind, Sonnenschein und 30 Grad  Ich habe mal eine Statistik begonnen – nur ca. 10% der Schiffe, die wir sehen, segeln auch.

Woran das liegt, habe ich noch nicht verstanden. Ok, wir mussten heute gegen an, das bedeutete für 10 sm mindesten 15 Wenden – das ist bei einem Schiff dieser Größe schon etwas mehr Arbeit, als bei meiner BENTE, aber das gehört für mich zum segeln dazu. Und meine drei Crewmitglieder wollen ja auch Beschäftigung.

Vielleicht sind das dann die Segler, die bei 4 Bft nicht mehr rausfahren, weil „Sturm“ ist oder die mit einer Hanse 575 fünf Anläufe brauchen, um bei einer Windstärke rückwärts an der Mooring anzulegen. Und gerade während ich das hier schreibe, donnert eine Bavaria 40 mit Vollgas rückwärts an den Steg, ist vorher in fremden Moorings hängen geblieben und rückwärts in das Schiff neben ihm gedonnert. Viel Vollgas und großes Hafenkino!

Das erste, was aber alle können, ist sofort das Bier geöffnet oder noch besser der Sekt und dann aufgedonnert wie im 5-Sterne-Hotel an die Hafenbar. Und das ist vermutlich das Problem: Die müssen alle motoren, damit den ganzen Tag der Kühlschrank laufen kann und der Sekt oder der Aperol auch wirklich kalt ist. Arme Seemannschaft!

17 Antworten auf „Kann man mit Charterschiffen auch segeln?“

  1. Moin. Ich denke Du hast das Problem erkannt. Vermute mal, dass die Segelboote auch günstiger sind als Motorboote. Und nicht zu vergessen, wenn die Segel im Wind stehen, ist Schatten an Bord. Man will ja braun werden…. Schon ganz schön arm. Aber zurück in der Heimat wird erzählt, wie man mit Wind gegen Wellen und gegen dilettantische andere Segler zu kämpfen hatte.
    Wünsche Dir und Deinen Mitseglern erholsamen Urlaub und reg Dich nicht auf, die sind es nicht wert.

  2. Man muss sich möglicherweise beeilen um einen Platz direkt vor der Bar zu bekommen. Vielmehr rege ich mich darüber auf das immer noch so viele in Kroatien chartern um so die Liegeplatz und sonstige Gebühren weiter in die Höhe treiben, man sollte stattdessen das Land für längere Zeit links liegen lassen bis die Preise auf einen normalen Level gesunken sind.

  3. Lasst doch jeden machen wie er will. Was soll denn diese arrogante Art, immer die anderen so zu kritisieren. Lasst sie doch einfach Spaß haben und dann ist es gut!! Es sind halt nicht alle die perfekten Segler, so wie Ihr… Ihr reagiert doch auch genau so wie ihr den anderen unterstellt, mit eurer großartigen Seemanschaft den Kömmern zu imponieren. Also, jedem das Seine!!

  4. Nanu, ist das eine Mittelmeer-Krankheit? Ehrlich gesagt habe ich das auf der Ostsee noch nie auch nur im Ansatz wahrgenommen. Vielleicht ist es ja nicht einmal Faulheit oder der laufende Kompressorkühlschrank, vielleicht ist es Nichtkönnen oder nicht genug Anpacker an Bord zu haben. Ich habe einige Freunde, die segeln mit, haben aber nie von klein an mit dem Jollensegeln angefangen und da habe ich immer das Gefühl, dass das Gefühl fürs Segeln fehlt. Allerdings packen die trotzdem mit an.

  5. Das ist eine Feststellung, die ich auch oft im Mittelmeer mache, deswegen wird ja die Adria auch Badewanne genannt. Allerdings möchte ich mich hier B. Jäger anschließen, jeder, wie er kann und will. Gerade unter den Mittelmeer-Chartersegler beginnt kaum einer mit der Jolle als einstieg, das merkt man schon allein an komplett vertrimmten Segeln -so oft ich das sehe, laufe ich Gefahr, Augenkrebs zu bekommen – die natürlich ein Schiff gerade bei leichtem Wind nicht in Fahrt bringen, damit vergeht dem nicht geübten Segler die Lust aufzukreuzen oder gar bei knallender Sonne und leichtem Wind auf Downwindkurs zu gehen.
    Ich denke, zur Seemannschaft gehört auch Toleranz. Die wenigsten können mangels Zeit, Interesse oder finanziellen Möglichkeiten viel Zeit am Wasser verbringen, damit ist das Segelschiff lediglich ein schwimmendes Wohnmobil. Richtiges Segeln und Manövrieren erfordert schon viel Praxis, dies können die besten Ausbildungen und Scheine auch nicht kompensieren.
    Fair Winds

  6. Ziemlich arrogant was du hier schreibst und klingt ganz und garnicht objektiv, sondern als würdest du deine abwertende Meinung über Chartersegler einfach bestätigen wollen.

    1. Sorry, das war nicht als Abwertung gemeint. Sehr viele meiner Kunden segeln auch Regatten und nutzen auch bei einem Chartertörn jeden Wind. Andere segeln vielleicht einmal im Jahr und können damit nicht die Erfahrung mitbringen. Aus eigener Erfahrung mit unteschiedlichen Crews ist mir auch bewusst, dass nicht unbedingt das Segeln im Vordergrund stehen muss, sonder Buchteln, Baden und Sightseeing auch Zweck eines Urlaubes mit einer gecharterten Segelyacht sein kann. Deshalb rufe ich hier mehr zu Toleranz auf.

  7. Ich weiss nicht, warum das alles arrogant ist und sich hier gleich alle so aufregen. Ich bin persönlich der Meinung, dass:

    – wenn ich schon viel Geld für ein Segelboot ausgebe, dass ich dann auch segeln will. Sonst gehe ich ins Hotel oder nehme ein Wohnmobil. Aber das ist meine persönliche Meinung. Und ich habe beileibe nichts gegen Charterer, ich bin ja selbst einer …

    – was die Hafenmanöver betrifft, so wundere ich mich nur immer wieder, wie Menschen, die nicht viel Erfahrung mit grösseren Schiffen haben, dann leider häufig ihre Hafenmanöver mit Vollgas am Motor machen und sich klar ersichtlich nicht mit ihrer Crew vorher absprechen. Da wird mit viel Speed in irgendeine Lücke gefahren, andere Schiffe beschädigt und hinterher gelacht und sofort das Bier gezückt. Mir sind in meinem Seglerleben wirklich auch viele Manöver daneben gegangen, das gehört zum lernen dazu. Die Frage ist nur, wie gehe ich damit um und wie trete ich auf. Und solche Menschen fahren dann als Skipper mit Crew Schiffe, die manchmal mehrere 100.000 Euro kosten und vermutlich fahren sie genau so planlos übers offene Meer. Damit habe ich meine Probleme, sorry.

    Das kann man jetzt gerne als arrogant bezeichnen …

  8. Das gleiche Problem des Hafens sieht man auch auf jedem Supermarktparkplatz. Vielen fehlt die Erfahrung, der Überblick oder das Gefühl. Bei vielen fragt man sich woher sie es denn auch bekommen sollen. Es fehlt oft die Ausbildung oder das Gespür für wichtige Details. Der Parkplatz bewegt sich aber nicht, man treibt auch nicht ab. Das wird dann eben mit Gewalt (Vollgas) kompensiert. Wer kennt schon den Begriff „Leinenarbeit“ oder kann dies umsetzen? Besonders nett finde ich immer die 10-Mann-Crew, wo jeder irgend etwas macht und herum rennt, der Skipper brüllt – und nichts passiert.
    Aber zum Thema „Segel hochziehen“: Das soll jeder selbst entscheiden, ob er die Tücher mal auspackt. Wenn dem Verantwortlichen schon 3 Bft zu viel sind ist das genauso OK wie dem Regattafuzzy der bei 9Bft noch Vollzeug fährt. Wo die Grenze, was vertretbar ist – auch das muß jeder selbst entscheiden. Manche fahren eben mit 60 durch eine Autobahnbaustelle, andere mit 120.

    Toleranz ist das große Zauberwort – auch wenn es schwer fällt oder für einen selbst oft unverständlich erscheint. Klar, wenn Schaden entsteht ist Schluß mit Lustig. Manchmal kann man auch den Skipper fragen, ob er Hilfe braucht (vielleicht nicht unbedingt vor der Mannschaft).

    Jeder sollte sich an seine ersten Stunden auf See zurück erinnern oder auch mal sich selbst hinterfragen, ob das eigene Wissen und Können das A und O ist. Ich bin jedenfalls nicht perfekt, habe aber auch erst ca. 250.000 sm und drei Weltumrundungen auf dem Buckel…

    http://www.logbuch-klickmaldrauf.de

  9. Vorfahrt zu haben ist doch cool.
    Wenn ich an meine Anfangszeit des Segelns denke, da hab ich auch oft früher als nötig gerefft oder dann auch mal die Segel komplett eingeholt. Die Erfahrung hat eben gefehlt. Heute habe ich mehr Erfahrung und reffe aber dennoch häufiger vor/ab 4 Bft. Warum? Weil ich idR mit Frau und Hund unterwegs bin. Bei viel Wind und Bön ist es mit (zu großem) Hund einfach nicht mehr sicher (21 Fuss) falls man eben mal schnell reagieren muß, sich was verheddert oder was auch immer. Alleine oder in der Männerrunde gibts das nicht, da wird nicht gerefft oder eben erst wenns wirklich nimmer anderst geht.
    Das wissen, aber vor allem sehen die anderen Segler ab 30 Meter Entfernung natürlich nicht mehr. Mit Sicherheit meint der ein oder andere „die Memme“ oder ähnliches. Mir jucke! Sicherheit rulez.

    Damit will ich sagen, man sollte das vielleicht differenziert betrachten. Wenn ich mir zum ersten mal ein 40 Fuss Boot chartere werde ich auch eher defensiv rangehen. Aber wenn der Wind natürlich auf optimal steht, dann ist das durchaus verstörend wenn so viele die schönen Segel nicht setzen. Nix schöner als viee Segel am Horizont.

    Wieder ein aber, wenn die alle doch segeln würden, was ist dann mit Deiner Vorfahrt 🙂

    Viele Grüße, Peter

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